Entsteht in Städten ein Fetisch für Outdoorkleidung ?
Auch auf der aktuell stattfindenden Berliner Fashionweek fällt ein Trend auf, der seit längerer Zeit vor allem in Großstädten präsent ist: Immer mehr Citybewohner kaufen sich wetterfeste Outdoorkleidung. Das ist mittlerweile so weit verbreitet, dass sich sogar eine Autorin des Themas angenommen und es literarisch behandelt hat. In ihrem Werk namens „Angezogen: Das Geheimnis der Mode“ identifiziert Literaturprofessorin und Buchautorin Barbara Vinken das Phänomen Outdoor-Fetisch.
Die Theorie der Dame ist, dass man sich in der Stadt immer mehr von der Natur entfremdet, aber dennoch weiterhin da Bedürfnis hat, sich als fit, aktiv, dynamisch und gesund darzustellen. Man möchte immer noch Vitalität signalisieren und die Fähigkeit, mit den Kräften der Natur den Kampf aufnehmen zu können. Da aber in der Stadt kein Berg ruft, keine Stürme das Nomadenzelt schütteln und auch kein Wüstenwind den Marsch zur nächsten Wasserstelle erschwert, kommt es zu einer Art Ersatzhandlung. Die Städter kompensieren ihre fehlenden Herausforderungen, denen sie in der Natur begegnen würden, und kaufen sich stattdessen wetterfeste Kleidung.
So kann man zumindest den Anschein erwecken, dass man bereit, fit und gewappnet ist, um den evolutionär in unserer DNA verankerten aber in der Regel ausbleibenden Kampf gegen die Elemente aufzunehmen. Outdoorkleidung bedient somit einen gewissen Fetisch. Auch wenn man das teure Patagonia, Jack Wolfskin oder Fjäll Räven Teil nur für den Weg von der Wohnung mit Zentralheizung bis zum davor parkenden SUV anzieht, kann man sich vielleicht doch noch ein bisschen so fühlen, als würde man gerade den K2 besteigen.
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