„Feuchtgebiete“ kommt ins Kino
Mit ihrem Roman über die 18-jährige Helen Memel, die sich ungern wäscht, sich zwanghaft an ihren Hämorrhoiden kratzt und mithilfe von Gemüse onaniert, schockte Charlotte Roche vor einigen Jahren die (prüde) Öffentlichkeit. Und verdiente sich als Bestseller-Autorin dumm und dämlich. Jetzt kommt die Verfilmung des Werks ins Kino und stellt zart beseitete Gemüter gehörig auf die Probe. Und das, man höre und staune, als ZDF Co-Produktion.
Inhaltlich hält sich der Streifen unter Regie von David Wnendt im Grossen und Ganzen treu an die Romanvorlage: Helen ist ein Scheidungskind, das sich bei einer hastigen Arschrasur verletzt und im Krankenhaus landet. Anstatt auf schnelle Genesung zu hoffen, tut sie alles dafür so lange wie möglich in der Klinik zu bleiben, mit dem Wunsch, dass ihre Eltern an ihrem Krankenbett wieder zusammenfinden. Wie schon das Buch setzt der Film auf explizite Ekelszenen. Und so sieht man Helen zum Beispiel wie sie ihre Hintern auf einem öffentlichen Klo reibt, um sich mit möglichst vielen Keimen und Bakterien einzuschmieren. Hinter einer Imbissbude lässt sie sich die übelriechende Möse von einem Unbekannten ausschlecken oder sinniert im Krankenhaus über die mittels Tauschen von getragenen Tampons geschlossene Blutsschwesterschaft mit ihrer besten Freundin. Mit Erzählungen über ihre sexuellen Präferenzen verdreht sie zudem ihrem Krankenpfleger den Kopf.
Wie schon Feuchtgebiete – Das Buch versucht sich Feuchtgebiete – Der Film am Tabubruch und stellt den allgegenwärtigen und von Werbung, Industrie und Gesellschaft propagierten Hygienewahn an den Pranger. Des Weiteren wird das Thema Frausein angeschnitten. Es geht um die Rezeption des weiblichen Körpers als von Makeln wie Regelblutung, Haarwuchs und Geruch geplagter Projektionsfläche zumeist männlicher Idealvorstellungen. Solide inszeniert unterhält der Streifen vor allem durch seine burschikos daherkommende Hauptdarstellerin Carla Juri, die als eine Mischung aus Pumuckl, Amelie und Ol‘ Dirty Bastard aufspielt. Feuchtgebiete lief gestern auf der 66. Ausgabe des Internationalen Filmfestivals in Locarno und wurde frenetisch gefeiert. In die deutschen Kinos kommt der Streifen am 22. August 2013.
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